MAZ von 30.04.2009
Betroffene fordern, einige Verbindungen zu sperren, um ausgebaute Straßen zu entlasten / Gelassenheit im Rathaus
FALKENSEE – Sie haben genau gezählt. Früher seien täglich rund 260 Autos durch die Friedrich-Ludwig-Jahn-Straße gefahren, jetzt registriere man jeden Tag um die 1100. Für Dissonanzen zwischen Anwohnern und Stadtverwaltung sorgt diese Zunahme von Verkehr und Lärm zwar schon seit längerer Zeit. Jetzt aber bekommt der Disput womöglich eine juristische Dimension.
Detlef Hardorp aus der Interessengemeinschaft „Ruhiges Falkensee“ hat die Sicht der Anwohner im Stadtentwicklungsausschuss kürzlich erneut zusammengefasst. „Die Friedrich-Ludwig-Jahn-Straße wurde als Anliegerstraße ausgebaut mit der Folge, dass sie nun keine Anliegerstraße mehr ist.“ Längst nutzen nicht mehr überwiegend Anlieger diese Strecke. Hardorp und Gleichgesinnte fordern deshalb, den Gemeindestraßen-Leitfaden anzuwenden, den das Ministerium für Infrastruktur einst in Auftrag gegeben hatte.
Dieser enthält Regeln und Vorschläge für den Anliegerstraßenbau in Brandenburg. Zum Beispiel nennt er alternative Möglichkeiten des Straßenausbaus, die für Anwohner kostengünstiger sein können, wenn die vorhandene Tragschicht weiter genutzt werden kann. Auch die Verkehrsberuhigung spielt im Leitfaden eine Rolle. So heißt es: Wenn eine Anliegerstraße zu einer viel genutzten Verbindung zwischen zwei Hauptverkehrsstraßen wird, sei der Schleichverkehr zu unterbinden. Dafür seien „Diagonalsperren“ (Blockaden einiger Straßendurchfahrten) geeignet. Detlef Hardorp: „Verkehr gehört nicht auf Anliegerstraßen, sondern auf Haupterschließungsstraßen.“
Zweifel am Falkenseer Prinzip, Verkehr gleichmäßig in der Stadt zu verteilen, werden inzwischen auch bei FDP und Grünen laut. Jürgen Sielaff (ABü) indessen glaubt, dass „Beschränkungen erst funktionieren, wenn alle relevanten Straßen ausgebaut worden sind“. Baudezernent Harald Höhlig sagt, im bestehenden System könne man nicht einfach Verkehr „verdrängen“. Grundlage sei der Verkehrsentwicklungsplan der Stadt. Und modifiziert werden könne der erst nach dem Bau der Nordumfahrung.
Die Anwohner indessen machen Druck. Da sich die Stadtverwaltung sträube, den Gemeindestraßen-Leitfaden im Sinne der Anwohner anzuwenden, habe man sich juristischen Rat geholt. „Notfalls werden wir klagen“, kündigte Detlef Hardorp an. Auch wenn sich das vermutlich über Jahre hinziehen und für alle Beteiligten teuer werden würde.
Bürgermeister Heiko Müller reagiert darauf gelassen. „Es droht permanent irgendjemand mit irgendwas, wir können nicht jedem nachgeben. Und Gerichtsverfahren können ja auch zur Klärung beitragen.“ Es werde aber künftig noch mehr Aufwand bei Voruntersuchungen und Gutachten betrieben, um über eine breitere Grundlage bei Diskussionen über den Straßenausbau zu verfügen. (Von Stefan Kuschel)