MAZ vom 02.01.09
MEINUNG
Befürworter und Gegner des Projekts beharren auf ihren Positionen
2008 war in Falkensee und Schönwalde-Glien geprägt vom Meinungstreit um Für und Wider der geplanten Nordumfahrung. Die Argumente bleiben 2009 gültig. Zwei Protagonisten fassen die Positionen zusammen: Für die Befürworter Norbert Ulrich aus der Bürgerinitiative „Pro Nordumfahrung- Mensch, Verkehr, Leben“; für die Gegner Carsten Radtke aus der Bürgerinitiative „Schönes Falkensee“.
Das Ansinnen der MAZ war löblich, die Pro- und Contra-Argumente für oder gegen die umstrittene Ortsumgehung im Norden Falkensees gegenüberzustellen. Dass allerdings Norbert Ullrich von der Bürgerinitiative „Pro Nordumfahrung – Mensch, Verkehr, Leben“ die grundlegenden Verkehrszahlen zum wiederholten Mal falsch darstellt und daraus fehlerhafte Schlüsse zieht, ist ärgerlich, irreführend und einer sachlichen Diskussion nicht dienlich. Schließlich wird dadurch ein völlig schiefes Bild der so genannten „Umgehungsstraße“ gezeichnet. Mit falschen Zahlen werden Bürgern Hoffnungen gemacht, die sich nicht realisieren lassen werden!
Es fahren pro Tag keine 15.000 Fahrzeuge durch Falkensee hindurch, die mit der Nordumfahrung aus der Stadt herausgezogen werden könnten. Diese Angabe ist schlicht falsch; auch eine mehrmalige Wiederholung hilft nicht weiter. Die Unterlagen der – vom Landesbetrieb für Straßenwesen – in Auftrag gegebenen Verkehrsuntersuchung zeigen, dass sich etwa 8.000 Fahrzeuge verlagern lassen würden (zu finden in Anlagen 5 und 6 der IVV-Analyse im Planfeststellungsverfahren, Prognose 2020). Die anderen Verkehre sind hausgemachte Verkehre wie Schul-, Berufs-, Freizeit-, Arzt- und Einkaufsverkehre, die auch mit Nordumfahrung in der Stadt verblieben.
Fakt ist weiterhin, dass durch die Ortsumgehung pro Tag ca. 5.000 neue, zusätzliche Fahrzeuge angezogen werden würden; dies lässt sich aus dem Gutachten des Landesbetriebes ablesen. Vermutlich sind darunter viele Lkw. Wenn aber insgesamt nur 13.000 Fahrzeuge auf einem Teil der Neubaustrecke prognostiziert werden und davon 5.000 Fahrzeuge neu sind, können nur ca. 8.000 Fahrzeuge aus dem Stadtgebiet herausgezogen werden. Dies macht ungefähr den Anteil des Durchgangsverkehrs aus.
Durch die begrenzte Verlagerung von Verkehr aus den Hauptstraßen hinaus ist auch die Reduzierung von Lärm und Abgasen für die betroffenen Anwohner nur sehr gering. So verringert sich bei einer 20-prozentigen Abnahme von Fahrzeugen der Lärmgehalt kaum spürbar. Die versprochene große Lärmminderung wird schon aus physikalischen Gründen nicht eintreten können! Auch die Verkehrssicherheit würde sich nicht deutlich erhöhen – Im Gegenteil: Da auf der Trasse der Nordumfahrung größere Gefahren lauern (hohe Geschwindigkeiten, Wildwechsel, klimatische Nachteile, S-Kurve am See mit Fußgängerverkehr), vermindert sich die Sicherheit in Summe sogar.
Ullrichs Hinweis auf ein stark gestiegenes Verkehrsaufkommen („katastrophale Verkehrsverhältnisse“) kann gern als Panikmache interpretiert werden. Untersuchungen aus dem aktuellen Lärmaktionsplan der Stadt belegen, dass die Verkehrszahlen auf den wichtigsten Durchgangsstraßen in den letzten Jahren abgenommen (!) haben, trotz Bevölkerungswachstum. Der Durchgangsverkehr aus dem Havelland nach Berlin wird weiter abnehmen, belegen aktuelle Werte. Verkehrliche Verbesserungen sind auch mit anderen kleinteiligen Maßnahmen zu erzielen. Und: Kürzlich befragte Experten sind sich einig, dass die Methode, immer mehr Straßen zu bauen statt Verkehr zu vermeiden und zu verringern, nicht mehr zeitgemäß ist.
Marc-Oliver Wille