MAZ vom 30.7.2008
Bürgerinitiative fordert Akteneinsicht und ermuntert Bürger, ihre Rechte wahrzunehmen
FALKENSEE – Offiziell beginnt das Auslegungsverfahren am 1. September. Vier Wochen haben Bürger dann Zeit, sich einen Überblick über den Verlauf der rund zehn Kilometer langen Trasse durch den nördlichen Teil der Stadt zu verschaffen. Vom 1. September an bis Mitte Oktober können sie Einwände formulieren. In der Nachbargemeinde Schönwalde-Glien indessen gestattet Bürgermeister Bodo Oehme (CDU) Interessierten schon jetzt, sich mit den Unterlagen zu beschäftigen. Sein Falkenseer Amtskollege Heiko Müller (SPD) lehnt das ab. „Das Planfeststellungsverfahren hat einen klaren Ablauf“, sagte er gestern auf Anfrage, „wir halten uns an die Regeln.“ Wie berichtet, befinden sich die acht Aktenordner seit Mai im Rathaus.
Die Bürgerinitiative „Schönes Falkensee“ (BISF) verweist nun auf das Umweltinformationsgesetz: Dies gestatte eine „Einsichtnahme“ im Unterschied zur förmlichen „Auslegung“. „Die Akten sind dann einsehbar, sobald sie fertig sind“, sagt Wolfram Siewert, in der BI zuständig für Natur- und Umweltschutz. Dem widerspricht Heiko Müller. „Es gibt keinerlei Recht, dass irgendjemand kommt und einfach Einsicht in Akten nimmt.“ Möglich sei so etwas nur auf Antrag. Ein solcher Antrag aus der BI liege im Rathaus vor. „Wir prüfen derzeit, was möglich ist“, sagt der Bürgermeister. Dass sein Amtskollege in Schönwalde den Zugang aus dem Stand gewährt, hält er „für mindestens fragwürdig“. Dessen ungeachtet beharren die BI-Mitglieder auf ihrem Standpunkt. „Die Falkenseer Bürger haben bisher keine Möglichkeit, sich in den Unterlagen über die Umweltauswirkungen zu informieren, die aber werden ganz erheblich sein“, sagt Rosemarie Witte, in der BI unter anderem zuständig für die Bereiche Lärm und Verfahrensfragen. Sie und BI-Verkehrsexperte Marc-Oliver Wille sind sich sicher: „Mit der Nordumfahrung entsteht nicht die Entlastung, die sich viele Menschen von ihr erhoffen.“ Wolfram Siewert ergänzt: „Wir arbeiten nicht gegen die Gemeinde, sondern wir wollen die Bürger informieren und aufklären, viele denken nämlich, sie können gar nichts mehr machen, aber sie haben Rechte in dieser Demokratie und können sich beteiligen.“
„Widersprüchlichkeiten“ – das ist eine Formulierung, die die BI-Mitglieder auch in anderen Zusammenhängen benutzen. Da wäre der Umstand, dass die Trasse aus Naturschutzgründen eigentlich in einer Art „Wanne“ hätte verlaufen sollen. Nun aber soll sie beispielsweise am Neuen See auf einem Damm und ohne Lärmschutz errichtet werden. „Das Plangebiet ist ein hochsensibler Bereich, in dem die Erholungsfunktion nicht mehr zur Geltung kommen und die langfristige Planung konterkariert werden würde“, sagt Rosemarie Witte. Wolfram Siewert weist den Vorwurf zurück, die BI sei lediglich „gegen“ und nicht „für“ etwas. Hauptanliegen sei „ein schönes Falkensee, deshalb wollen wir auch den See weiter entwickeln“. So freue man sich, dass dort jüngst ein Rundweg freigegeben worden sei – und wundere sich, dass die Stadt diese Idylle für die Nordumfahrung „mit dem Hintern wieder einreißen will“. (Von Stefan Kuschel)