Landrat nahm Stellung zur Nordumfahrung

Brawo, 06. Juli 2008

Trotz der tropischen Hitze, die bis in den kleinen Sitzungssaal des Falkenseer Rathauses drang, war Landrat Schröder während der letzten Pressekonferenz vor der Sommerpause gut aufgelegt. Schließlich hatte er gute Nachrichten für die anwesenden Pressevertreter.
Er informierte über die anstehenden Veränderungen im Busverkehr in Falkensee und Umgebung, denen eine Bürgerbefragung vorausgegangen war. „Es gab 30 Bürgervorschläge zur Optimierung“, so der Landrat. Herauskristallisiert hätten sich aber drei Hauptanliegen: die Verbesserung der Anschlussgestaltung an den Bahnverkehr in und aus Richtung Berlin, die Ausweitung des Fahrtenangebots im Abendverkehr und am Wochenende sowie die Verbesserung der Erschließung des Ortsteiles Finkenkrug. Leider habe es sich bei den Teilnehmern an der Befragung zum großen Teil um Bürger gehandelt, die schon regelmäßig mit dem Bus fahren. Er hätte sich mehr Vorschläge seitens potentieller Bus-Nutzer, wie Auto- oder Radfahrer gewünscht, so der Landrat.
Die künftig eintretenden Veränderungen betreffen vor allem die Linienführung in Finkenkrug sowie die Taktfrequenz der Buslinien. „Wir können den Bürgerwünschen nicht ganz entsprechen“, so Schröder. So sei beispielsweise ein Busverkehr bis 23.00 Uhr noch nicht machbar. „Doch wir wollen erreichen, dass der Verkehrsknoten Falkensee gestärkt wird. Falkensee muss in die Funktion eines Mittelzentrums hineinwachsen.“ Im Rahmen der Veränderungen sind 18 neue Haltestellen vorgesehen sowie gesicherte Anschlüsse an den vier zentralen Knotenpunkten Bahnhof Falkensee, Bahnhof Dallgow-Döberitz, Falkensee Parkstraße und Schönwalde-Siedlung. Die Busse auf den Hauptlinien sollen von Montag bis Freitag tagsüber im Stunden-Takt fahren und sind erstmals auch am Wochenende und an Feiertagen im Einsatz.
Ab Mitte August beginnt die Umsetzung des Konzeptes und es erfolgt der Startschuss für die detaillierte Planung der Fahrpläne, die Anlage neuer Haltestellen und die weiterer notwendiger Maßnahmen. Ab 14. Dezember sollen die Verbesserungen dann greifen.
Zu einem anderen Thema des Falkenseer Verkehrsgeschehens nahm der Landrat ebenfalls Stellung: „Die SPD steht mehrheitlich zur Nordumfahrung“, stellte Schröder klar. Veränderungen im Anschluss an die Fachdiskussion seien aber keineswegs ausgeschlossen. Einen „emotionalen Schlagabtausch“ halte er allerdings für unangebracht. Bezüglich der Nordumfahrung stehe die Gemeinwohlabwägung im Mittelpunkt. Es sei klar, dass ein Kompromiss nie alle zufriedenstellen könne. In der Diskussion um die Nordumfahrung jedoch Kinder vorzuschieben, halte er für „reinste Demagogie“. Zuversichtlich äußerte sich Schröder hinsichtlich der Beteiligung der Bürger an der Realisierung der Umgehungsstraße. Das bestätigte auch Baudezernent Harald Höhlig, der ankündigte, dass mehrere Veranstaltungen zum Thema Nordumfahrung geplant seien, die eine Plattform für den Austausch bieten werden.

Ein Gedanke zu „Landrat nahm Stellung zur Nordumfahrung“

  1. SPD im Havelland – die Straßenbaupartei aus der Mottenkiste?

    Es zeugt nicht von einem kultivierten politischen Umgang, wenn Politiker Bürger beschimpfen. So bezichtigte Landrat Burkhard Schröder jüngst Menschen, die sich intensiv mit den Planungsunterlagen zur sog. Falkenseer Nordumfahrung auseinandergesetzt haben, der “Notargumente” und der “untersten Schwelle der Demagogie” (MAZ v. 05.07.08). Das nur, weil kritische Bürger neben gravierenden Mängeln am Projekt auch eine mangelnde Verkehrssicherheit insbesondere für nicht motorisierte Verkehrsteilnehmer festgestellt haben. “Die SPD-Havelland steht ohne jeden Zweifel zur Nordumfahrung”, so weiter der Vorsitzende Schröder. Ohne jeden Zweifel? Man muss sich fragen, ob da jemand in voller Kenntnis der Straßenplanung spricht. Zweifel sind angebracht.
    Zu den Fakten: Zwischen Spandauer Platz und Niederneuendorfer Weg soll als einziger Kreuzungspunkt der geplanten Trasse ein vier- bis fünfarmiger Kreisverkehr nördlich der Seespitze dienen. Entlang dieser 2,5 km langen, anbaufreien Ortsdurchschneidung soll es weder Bürgersteige, noch Ampeln, noch Querungshilfen (abgesehen von einer Mittelinsel) geben. Dies, obwohl auf dem Straßeneubau eine höhere Verkehrsbelastung liegen soll, als heute an Nauener und Schönwalder Straße anzutreffen sind. Schulkinder aus Falkenhöh müssten diesen vielarmigen Kreisverkehr an der Fröbelstraße täglich queren. Sei es, um vom ‘Musikerviertel’ zur Schollschule, sei es aus dem ‘Philosophenviertel’ zur Erich-Kästner-Schule, zur Kantschule oder zum Gymnasium zu gelangen. Gleiches gilt für die Wege in der Freizeit, gleiches gilt für langsame Menschen im Verkehr.
    Wer Kreisverkehre für Radfahrer und Fußgänger, gar für Kinder als sicher bezeichnet, dem empfehle ich probehalber im Berufsverkehr mit dem Fahrrad durch den (nur) dreiarmigen Kreisverkehr am Spandauer Platz zu radeln. Kreisverkehre dienen der optimierten Abwicklung von Kraftfahrzeugen. Für alle anderen Verkehrsteilnehmer sind sie ein Sicherheitsrisiko.
    Der Landkreis wolle sich “qualifiziert einbringen”, so Landrat Schröder. Dazu hatte der Kreis schon vor Jahren Gelegenheit, z.B. im sog. Projekt-Begleitenden Arbeitskreis. Diese Gelegenheit muss man als vertan ansehen. Jedenfalls werden nun wesentliche umweltbezogene Anforderungen über Bord geworfen. Diese sog. Maßgaben des Raumordnungsverfahrens aus dem Jahr 2000 sollten dem Projekt ein Mindestmaß an Umweltverträglichkeit geben. Erst diese Maßgaben ermöglichten die “bedingte Vereinbarkeit” des Projekts mit den Landeszielen, so die Entscheidung im vorangegangenen Raumordnungsverfahren. Nun sei die Umsetzung wichtiger Maßgaben zu teuer, befindet die Abwägung des Landesbetriebs Straßenwesen, sie sollen entfallen. Damit verstößt das Landesamt aber nicht nur gegen die Ziele der Raumordnung, gegen einen Teil des eigenen Ministeriums und die Gemeinsame Landesplanung, sondern auch gegen die Interessen der Menschen und der Umwelt im Raum, die Gegenstand der Gesamtabwägung im Jahr 2000 waren.
    Nochmals zum qualifizierten Beitrag des Kreises: Dieser hatte das mehrfach angemahnte Nachtfahrverbot für Lkw auf Hauptstraßen in Falkensee bereits 2004 mit der Begründung abgelehnt, es gebe “keine Anspruchsberechtigung”. Auf gut Deutsch: zu wenig Verkehr! Ein Hohn für die dortigen Anwohner. Anstatt diesen mit konkreten Maßnahmen (wie Tempolimit, erschütterungs- und lärmarmer Straßenaufbau, Stauvermeidung) sofort und wirksam zu helfen, setzen die SPD-Oberen aus Falkensee, Schönwalde und Rathenow seit Jahren auf einen 10 km langen, rechtlich problematischen Straßenneubau, der weitaus mehr Probleme schafft als löst. Zudem würde diese Straße keine flächenhaft spürbare Abnahme des Verkehrs bewirken (Planunterlagen Stand Januar 2008). Wie sollte sie auch, bei einem hausgemachten Verkehrsanteil Falkensees von 92%.
    Selbst das Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung setzt nicht mehr auf Ortsumfahrten: “In Zukunft werden vermehrt Ortsdurchfahrten anstelle großer Ortsumfahrungen im Vordergrund stehen“ äußerte sich Verkehrsminister Dellmann in MIRAKTUELL 3/07 bereits vor mehr als einem Jahr.
    Der ehemalige, verstaubte Leitspruch des ADAC “freie Fahrt für freie Bürger” verschwand bereits vor 20 Jahren in der Mottenkiste. Der Eindruck drängt sich auf, die SPD im Havelland wolle diesen wieder herauskramen.

    Wolfram Siewert, Falkensee

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