Weitere Stellungnahmen

Weitere Stellungnahmen

Nach Kenntnis der BISF haben viele öffentliche Träger die geplante Nordumfahrung aufgrund der geringen verkehrlichen Wirkung und der eklatanten Eingriffe in die Natur zurückgewiesen. Hauptsächlich die Stadtverwaltung Falkensee hat sich positiv zur umstrittenen Umgehungsstraße geäußert und nur einige Verbesserungsvorschläge entlang der Route eingebracht. Frühere durchaus sinnvolle Forderungen aus dem Raumordnungsverfahren spielten jetzt offensichtlich keine Rolle mehr.

Als eine der ersten Gremien hat die Gemeindevertretung Schönwalde die geplante Nordumfahrung deutlich abgelehnt. Im Beschlusstext heißt es: „Im Anhörungsverfahren für den Neubau der Landesstraße L20/L201 Ortsumgehung Falkensee lehnt die Gemeinde Schönwalde-Glien die im Planungsverfahren befindliche Straße ab.“ Es folgen die vielen Gründe, die gegen das Vorhaben sprechen. Diese Vorlage wurde einstimmig beschlossen.

Ebenso wie die Gemeindevertretung Schönwalde reichte auch die Senatsverwaltung von Berlin eine ablehnende Stellungnahme ein. Die verschiedenen Naturschutzverbände äußerten ihre Kritik ebenso wie die Falkenseer Jagd- und Forstgemeinschaft.

Auch die SPD in Berlin-Spandau hat sich mit großer Mehrheit der Ablehnung angeschlossen. In der Pressemitteilung der Partei heißt es: „Der Kreisvorstand der SPD Spandau unterstützt die Beschlussfassung der Gemeindeversammlung Schönwalde und lehnt den für Spandau planungsbefangenen Bauabschnitt der L 20 n in Höhe des Eiskellers ab. Stattdessen wurde die Entwicklung eines Verkehrskonzeptes für das Gebiet rund um Spandau ohne Bau der neuen Trasse gefordert.“ Der Kreisvorsitzende Raed Saleh argumentierte: „Wir bleiben bei unserem Kurs, die Natur zu bewahren. Außerdem ist die Straße aus verkehrspolitischer Sicht nicht nötig.“

STELLUNGNAHME EINES VERKEHRSEXPERTEN

Auch unabhängige Verkehrsexperten äußerten sich zu den merkwürdigen Planungen zur Falkenseer Nordumfahrung. Prof. Dr. Udo Becker von der TU Dresden verfasste eine beachtenswerte Stellungnahme, die Sie in Auszügen auch in einer Pressemitteilung der BISF wiederfinden.

Bei der Planung der Ortsumgehung Falkensee handelt es sich nach Becker „um einen rein verkehrstechnischen Ansatz: Nach diesem Ansatz wird (und soll) der Verkehr weiter wachsen, dazu muss man Straßen bauen, und wenn man die Straßen baut, werden positive Auswirkungen in allen wesentlichen Feldern erwartet.“ Allerdings ist diese Art der Planung, wie die BISF schon seit langem kritisiert, veraltet. Prof. Becker erläutert: „Dieser Ansatz war traditionell üblich, entspricht aber in keiner Weise den heutigen Anforderungen an Verkehrsplanung. Unter den heutigen Voraussetzungen muss sich Verkehrsplanung eben nicht ausschließlich an Verkehrsmengen oder Stauungen orientieren, sondern es sind grundsätzlich andere Fragestellungen relevant: Analysen und Lösungen müssten sich nicht an Fahrzeugen, sondern an den Mobilitätsbedürfnissen der Einwohner orientieren. An keiner Stelle wird untersucht, warum dieser Verkehr stattfindet und welche Bedürfnisse der Einwohner dahinterstehen (z.B. Arztbesuch, Einkauf, Arbeit, Freunde besuchen). Erst die Analyse der hinter den Fahrzeugen stehenden Bedürfnisse lässt aber eine vernünftige Planung zu.“

Der Verkehrsexperte führt mit Blick auf die künftigen Entwicklungen weiter aus: „Mit dem Ansatz werden die Probleme der Kommune nicht gelöst, sondern verschlimmert. Es herrscht Konsens in der Verkehrswissenschaft, dass ein schnellerer und attraktiverer und auch billigerer Verkehr zu mehr Verkehr führt: Dynamisch und unter Systemaspekten wird die Ortsumfahrung also dazu führen, dass Autofahren attraktiver wird, wir mehr Autos benötigen, mehr Kraftstoff tanken müssen und mehr CO2, mehr Lärm und mehr Abgase erzeugen.“

Schließlich äußert Prof. Becker deutliche Kritik am Vorgehen der Gutachter, die die Planunterlagen für die Nordumfahrung erstellt haben: „Wer unter den heutigen Rahmenbedingungen noch Studien anfertigt wie die vorgelegte Verkehrsuntersuchung zur Ortsumgehung Falkensee, oder wer nach solchen Studien Entscheidungen fällt, der handelt nicht nur unverantwortlich und setzt kostbare Finanzmittel für kontraproduktive Zwecke ein, sondern er macht die Lösung der anstehenden Herausforderungen sogar noch schwerer: Denn er setzt einen Prozess in Gang, der exakt in die falsche Richtung zeigt. Anstelle die Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt der Planung zu stellen und schon heute eine Stadt zu entwickeln, in der diese Bedürfnisse zukünftig schnell, leicht, billig, sicher, leise, klimaschonend und kostengünstig abgedeckt werden können, werden heute mit viel Geld Strukturen aufgebaut, die die Lösung der Probleme in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch erschweren werden. Dies ist kontraproduktiv und kann nicht im Interesse der Menschen liegen.“