MAZ vom 02.02.2009
Ein Gutachter nahm Falkenseer Bäume unter die Lupe
FALKENSEE – „Ich steht jetzt ein bisschen perplex da“, gestand Nicolas Klöhn. Der Baumgutachter aus Berlin besichtigte am Sonntag im Auftrag der Baumschutzgruppe Finkenkrug ein knappes Dutzend Straßenbäume, die nach Einschätzung des Grünflächenamtes Falkensee so marode sind, dass sie gefällt werden müssen. Klöhns Einschätzung: „Die Fällungen sind völlig nachvollziehbar.“
Perplex aber war Klöhn aus einem anderen Grund. Der Leiter des Grünflächenamtes, Thomas Zylla, hatte bemängelt, dass nur 2500 Euro für Baumpflegemaßnahmen im Falkenseer Haushalt zur Verfügung stünden. Das sind für jeden der 20 000 existierenden Straßenbäume 12,5 Cent. Deutlich mehr hat man dagegen für die Verkehrssicherung – also das Abholzen – zur Verfügung. „Das ist, als ob ich sage: Geld zum Renovieren des Hauses hab ich nicht, aber zum Abriss. Wenn keine Baumpflege stattfindet, wird der gesamte Bestand an die Wand gefahren“, mahnte der Sachverständige.
(farblich hervorgehoben durch die BISF-blog-Redaktion)
Klöhn deckte auch Mängel auf, für die er gar nicht engagiert worden war: An der Rembrandtstraße in Höhe des Friedhofs war der Baum, der besichtigt werden sollte, schon gefällt. Aber Klöhn fiel auf, dass beim Straßenausbau offenbar mit Aushebung der Versickerungsmulden auch die Feinwurzeln umstehender Bäume gekappt worden waren. Für die Bäume eine Operation, als entferne man beim Menschen ein Stück des Dünndarms, so Klöhn. Zylla gab ihm Recht: „Gut für den Baum ist der Straßenbau nicht.“
An der Kreuzung Karl-Marx-Straße Ecke Holbeinstraße ein steht Baum, in dessen Krone sich so viele Misteln eingenistet haben, dass der Himmel kaum erkennbar ist. Ein tödlicher Parasit für jeden Baum, sofern nicht rechtzeitig gehandelt wird. „Die Misteln geben ihm den letzten Tritt in die Kiste.“ In seiner Wortwahl war Klöhn deutlich. Sobald die ersten Ansätze eines Mistelbefalls erkennbar seien, müsse gehandelt werden. Pech für Falkensee, das kein Geld für die präventive Arbeit hat.
Und dann warnte der Baumgutachter noch davor, etwa bei Straßenbauarbeiten Wurzeln unkontrolliert zu kappen. Wurzeln seien existenziell für die Standfestigkeit des Baumes. Eine Fichtenwurzel zum Beispiel halte bei einem Durchmesser von vier Zentimetern ein Gewicht von zwei Elefanten aus. An einer Wurzel von sechs Zentimetern könnten schon sechs Elefanten ziehen, ohne sie kaputt zu bekommen. (weso
Für jeden Baum 12,5 Cent! Immerhin mehr als für einen Radfahrer. Da ist im Hauhaltsplan 0,0 Cent für den Fahrradverkehr vorgesehen. Und das obwohl die Radfahrer die Stadt und seine Bäume entlasten. Mann sieht, wie die Prioritäten in der Planung gesetzt werden.