Auswertung der Unterlagen

Auswertung der Unterlagen

Die Auswertung der Planfeststellungsunterlagen gab keinen sicheren Hinweis darauf, warum die Straße trotz aller in Teilen schön gerechneten und widersprüchlichen Prognosen eine deutliche verkehrliche Entlastung und einen Nutzen für die betroffenen Bürger bringen soll. Im Gegenteil, sie würde ein heute weitgehend intaktes Naturschutzgebiet (FFH-Gebiet Falkenseer Kuhlaake) zerstören und im Falle ihrer Umsetzung dazu führen, dass seltene Tiere ausgerottet und die Landschaft weithin sichtbar verschandelt wird.

VERKEHR

Die Ortsumfahrung löst die Verkehrsprobleme in der Stadt Falkensee nicht. Sie verlagert Verkehrslärm und Abgase in Falkensee nicht in einem Maße, dass über alle insgesamt betroffenen Bürger eine nachweisbare Entlastung eintritt. Selbst in den Planfeststellungsunterlagen wird der Durchgangsverkehrsanteil – und nur der kann überhaupt eine Entlastung im Stadtgebiet hervorrufen – mit deutlich unter 10 % angegeben.

Die grundlegenden Verkehrsgutachten aus den Planfeststellungsunterlagen sind vom methodischen Ansatz her als unzureichend, falsch, veraltet und unvollständig sowie von den Ergebnissen her (Prognosewerte, Zielerreichung) als fehlerhaft, unvollständig und unplausibel zu bewerten. Eine Planrechtfertigung ist nicht zu erkennen. Es wird nachdrücklich bestritten, dass der aufgestellte Plan unter Abwägung aller Umstände solch ein Bauvorhaben rechtfertigt. Eine Untersuchung der Mobilitätsbedürfnisse der Bewohner von Falkensee und Umgebung hat nicht stattgefunden. Dadurch wurden Reisezwecke und -ziele überhaupt nicht ermittelt, die aber nötig gewesen wären, um überhaupt seriöse Prognosen über die Verkehrsentwicklung und Maßnahmen zur Verkehrsveränderung erstellen zu können.

Hinzu kommt, dass die Ortsumfahrung schon nach den – allerdings fehlerbehafteten – Zahlen des Verkehrsgutachtens des Planungsträgers selbst nur auf wenigen Straßen zu einer Entlastung, dagegen auf einer Reihe von Straßen zu zusätzlichen Belastungen und insgesamt zu mehr Verkehr im Raum Falkensee führt. Im Ergebnis wird die Entlastung für Falkensee durch die Ortsumfahrung überschätzt und die zusätzliche Belastung für Falkensee unterschätzt.

Die Ortsumfahrung wird auch nicht zu einer Verbesserung der Verkehrsunfallsituation führen, da auf den zusätzlichen über 9 km Straße der Ortsumfahrung schneller gefahren wird als innerorts und zusätzliche Unfallquellen geschaffen werden, zumal die Unfälle bei höherer Geschwindigkeit dann in der Regel auch schwerere Folgen haben werden. Auch die Mehrbelastung von bereits sehr stark belasteten Straßen in Falkensee selbst trägt tendenziell eher zu einer Verschlechterung der Verkehrssicherheit wie auch der Flüssigkeit des Verkehrs bei.

Fehlerhaft ist zudem, dass weiträumige Auswirkungen der Verkehrsverlagerung nicht ausreichend betrachtet wurden. So wurde der induzierte Verkehr nicht untersucht (vertieft in den Gutachten der Verkehrsexperten). Auch bei der Nutzenbetrachtung wurden die Nachteile, die sich für die Bürger außerhalb Falkensees einstellen, offenbar nicht berücksichtigt.

ALTERNATIVEN

Die wichtigsten und sich gerade zu aufdrängenden Alternativen zur geplanten Ortsumgehung sind offenkundig nicht ausreichend bzw. mit falschen Argumenten geprüft worden. Das ergibt sich schon aus dem Erläuterungsbericht der Planfeststellungsunterlagen. Danach führt bereits die sogenannte „Null-Plus-Variante“ bei Verbesserung der derzeitigen Verkehrssituation mit kleineren baulichen und organisatorischen Maßnahmen zu einer ähnlichen Minderung des Verkehrsaufkommens auf der Falkenhagener Straße.

Eine Null-Plus-Variante ist aber schon deswegen einer Ortsumfahrung vorzuziehen, weil sie mit viel geringeren Eingriffen in die Lebensräume der Menschen, wie auch der Tiere und in die Natur verbunden ist, keine vergleichbaren Unkosten verursacht und auch nicht im größeren Maße zusätzlichen Verkehr in den Raum Falkensee zieht.

Die gesamten zur Planfeststellung noch geprüften Varianten der weiten Ortsumfahrung im Norden leiden unter dem grundlegenden Fehler, dass die Tieferlegung der Trasse und Ihre Abschirmung durch Wälle, wie sie bereits in der landesplanerischen Beurteilung für die Ortsumfahrung Falkensee als wichtigste landesplanerische Maßgabe vorgegeben ist, nicht geprüft wurde.

LÄRM

Das Lärmschutzkonzept der Planfeststellungsunterlagen ist völlig unzureichend. Der sogenannte Trennungsgrundsatz, nach dem insbesondere Straßen getrennt von Wohngebieten zu führen sind, wurde nicht ausreichend berücksichtigt. Durch eine Absenkung der Trasse und eine durchgängige Abschirmung mit Wällen und Lärmschutzwänden hätten auch die für den Trennungsgrundsatz in der Regel anzuwendenden strengeren Richtwerte städtebaulicher Normen wie der DIN 18005 eingehalten werden können.

In der schalltechnischen Untersuchung fehlt eine Vielzahl von Angaben. So ist beispielsweise nicht ansatzweise erkennbar, ob und wie der Schallgutachter eine den gesetzlichen Vorgaben genügende Prüfung vorgenommen hat, an welchen Stellen aktive Lärmschutzmaßnahmen nicht mehr verhältnismäßig sind. Es fehlen jegliche Angaben zu Kosten von Lärmschutzmaßnahmen und es fehlt die Gegenüberstellung mit dem dadurch zu erzielenden Nutzen. Durch solche Defizite wird das Lärmgutachten im Ergebnis unbrauchbar.

Besonders zu betonen ist noch, dass die Planfeststellungsunterlagen jede Auseinandersetzung mit den negativen Folgewirkungen des Vorhabens auf bereits hoch belasteten Straßen vermissen lassen. So kommt es etwa auf der Spandauer Straße zu deutlich mehr Belastungen an Stellen, die schon heute deutlich mehr belastet sind, als die Straßen, für die mit der Planung angeblich eine Entlastung zu erreichen ist. Die Belastungen dort sind gesundheitsgefährdend. Sie müssen ermittelt und im Zusammenhang mit der Planung auch bewertet werden. Es muss auch eine Gesamtbilanzierung geben, wie viel mehr Lärm im Raum Falkensee durch die Ortsumfahrung insgesamt entsteht und an welchen Straßen die Mehrbelastungen entstehen.

ABGASE

Der Bau der Ortsumfahrung verstößt gegen die Ziele der Luftreinhalteplanung. Das Luftschadstoffgutachten ist völlig unzureichend. Die zusätzlichen Schadstoffbelastungen in bisher weitgehend unbelasteten Bereichen der Wohngebiete im Nordosten von Falkensee werden überhaupt nicht untersucht. Die Gutachter stellen lediglich auf Grenzwertüberschreitungen ab. Das reicht aber nicht aus.

Der Anstieg der Luftschadstoffbelastungen in bisher relativ unbelasteten Gebieten hätte bereits bei der Trassenauswahl berücksichtigt werden müssen. Die im früheren Verfahren aufgestellte Forderung nach Absenkung der Trasse in Troglage und dem durchgängigen Bau von Wällen wird auch mit Blick auf die zusätzlichen Luftschadstoffbelastungen erhoben.

NATURSCHUTZ

Bei Durchsicht der Planfeststellungsunterlagen hat sich gezeigt, dass die Zweiteilung des FFH-Gebiets „Falkenseer Kuhlaake“ sachlich nicht zu rechtfertigen ist. Die Herausnahme des ehemaligen Mauerstreifens erfolgte offensichtlich aus sachfremden Erwägungen. Der ehemalige Mauerstreifen ist sowohl als Lebensraum zahlreicher geschützter Tier- und Pflanzenarten als auch für die Verbindung zwischen den beiden Teilen des FFH-Gebiets unverzichtbar.

Hinzu kommt, dass sich der Bau und der Betrieb der Straße auf zahlreiche nach europäischem Naturschutzrecht geschützte Arten und Lebensräume auswirken würde. Die gravierendsten Auswirkungen sind die Beeinträchtigungen von Habitaten der prioritären Art Osmoderma Eremita, der mit der Straße verbundenen Zerschneidungswirkung für zahlreiche Tierarten, der Beeinträchtigung von besonders schützenswerten Biotopgesellschaften direkt im Bereich der geplanten Trasse und der weitreichenden Beeinträchtigung der angrenzenden Wald-Lebensräume durch die von der Trasse ausgehenden Stickstoffeinträge und Lärm-Immissionen. Auch durch technische Änderungen der Trasse werden sich diese Einwirkungen kaum so deutlich minimieren lassen, dass sie rechtlich zulässig wären.

Dies bedeutet, dass die Trasse überhaupt nur als Ergebnis einer positiven Abweichungsentscheidung zulässig wäre. Da durch die Trasse aber auch das Habitat einer prioritären FFH-Art beeinträchtigt wird, können gem. Art. 6 Abs. 4 Unterabsatz 2 der FFH-RL nur Erwägungen im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit oder im Zusammenhang mit maßgeblichen günstigen Auswirkungen für die Umwelt oder ähnlich gewichtiger Belange angeführt werden. Es ist aber derzeit nicht ersichtlich, dass derartig gewichtige Belange überhaupt für die Trasse sprechen. Sie müssten zudem auch noch die gravierend beeinträchtigten Naturschutzbelange überwiegen.