MAZ vom 24.01.2009
Parteien der Zählgemeinschaft im Kreistag wissen längst, wer wen vorschlägt und wählt
HAVELLAND – Als CDU, SPD, FDP und Bauern Plus gemeinsam verabredeten, im Kreistag eine so genannte Zählgemeinschaft zu bilden, hielt man den Vertrag, den die Parteien schlossen, sorgfältig zurück. Das musste verwundern, denn vier Jahre zuvor, als CDU und SPD eine ähnliche Verabredung trafen, wurde das Papier umgehend verteilt. Der Vertrag enthalte die wesentlichen Ideen zur Kreispolitik, hieß es lediglich.
Wie jetzt bekannt wurde, ist tatsächlich auch eine Verabredung enthalten, Landrat Burkhard Schröder mit den Stimmen der Zählgemeinschaft im Kreistag wiederzuwählen. Der Zeitraum für die Wahl des Landrates liegt so, dass zwischen Spätsommer und Dezember eine indirekte Wahl im Kreistag möglich ist und in der Zeit von Januar bis März 2010 die direkte Wahl vorgeschrieben wäre.
Wörtlich heißt es dazu in dem Vertrag der Zählgemeinschaft, der der MAZ vorliegt: „Die vertragsschließenden Fraktionen verständigen sich darauf, entsprechend Vorschlag der SPD im September 2009 die Wahl/Wiederwahl des Landrates nach Paragraph 127 Brandenburger Kommunalverfassung durchzuführen.“ Tatsächlich ist in der Terminplanung des Kreistages für den 14. September eine Sitzung eingeplant.
Es werden aber noch weitere Personalfragen verabredet. So heißt es in dem Vertrag außerdem: „Die Vertragspartner vereinbaren weiterhin für die Wahlperiode des Kreistages die Wahl/Wiederwahl und Bestellung von bis zu drei Beigeordneten, die Dezernate leiten sollen. Für den Ersten Beigeordneten liegt das Vorschlagsrecht bei der CDU, für den Zweiten Beigeordneten bei der SPD.“ Wer das Vorschlagsrecht für einen Dritten Beigeordneten hat, steht nicht explizit im Vertrag. Nach Aussage von Insidern ergibt sich aus der Formulierung und den Stimmenanteilen beider Parteien aber indirekt ein Vorschlagsrecht der CDU. Es ist deshalb davon auszugehen, dass sich Landrat Burkhard Schröder bei der Besetzung des Sozialdezernats für einen CDU-Bewerber entscheidet.
In dem Papier sichert sich der Landrat und SPD-Unterbezirksvorsitzende Burkhard Schröder auch die wohlwollende Mitarbeit der anderen Partner. So heißt es wörtlich: „Die Vertragspartner unterstützen grundsätzlich und konstruktiv die Arbeit des Landrates, der Beigeordneten und der Verwaltung.“
So viel vorauseilender Gehorsam scheint sogar einigen Kreistagsabgeordneten verdächtig zu sein, die den Zählgemeinschaftsfraktionen angehören. Einer, der nicht will, dass sein Name genannt wird, sagte schon zu Beginn des Jahres: „Mir kann niemand mit einem Vertrag vorschreiben, ob ich den Landrat wähle oder nicht.“
Christian Görke von der Kreistagsfraktion Die Linke wundert sich nicht über die Verabredung. Er plädiert für die Direktwahl des Landrates. Für Görkes Partei war es ausgemacht, dass sich der Sympathieträger Görke – er holt bei Wahlen in der Region Westhavelland regelmäßig viele Stimmen – beworben hätte. Das Thema hat sich für Görke, der auch in seiner Landtagsfraktion Optionen hat, erledigt.
Indes gibt es zahlreiche Kritiker des Landrates, die ihm in Leserbriefen – unter anderem auch in der MAZ – vorwerfen, er habe sich seine Wiederwahl quasi vertraglich gesichert. Darauf reagierte Burkhard Schröder verärgert. Er fragte beim Neujahrsempfang des Kreises in seiner Ansprache, ob die Medien tatsächlich jedem, der etwas zu schreiben habe, Raum zur Verfügung stellen müssen.
Schröder ging noch weiter und stellte die Vermutung an, dass damit Politikverdrossenheit gefördert werde. Mit seiner Schelte meinte Schröder nicht nur die Wiederwahl-Kritiker, sondern auch andere, die sich den Landrat – berechtigt oder unberechtigt – als Zielscheibe für ihr Trommelfeuer ausgesucht haben.
Allerdings wurde schon beim Neujahrsempfang deutlich, dass dieser Teil der Landratsrede nur bei wenigen Gästen gut ankam. „Da hätte er souveräner reagieren müssen“, hieß es allenthalben. „Wer an so exponierter Stelle steht, der muss auch Kritik einstecken – selbst wenn sie unberechtigt ist.“ Darauf dürfe natürlich auch ein Landrat reagieren – doch sei es übertrieben, solche Kritik in Medien zu zensieren.
(Von Joachim Wilisch)