An die
Stadtverordneten und
den Bürgermeister
der Stadt Falkensee
Falkensee, den 16. Dezember 2008
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
im vergangenen Jahr hat das Planfeststellungsverfahren zur Nordumfahrung die Diskussionen zur Verkehrsentwicklung in Falkensee beherrscht. Weit verbreitet war die Vorstellung, dass die neue Straße eine deutliche Entlastung für viele Falkenseer Mitbürger bewirken könnte. Auch die früheren Stadtverordneten hatten sich in Mehrheit davon leiten lassen.
Warum hat sich seit Beginn des Planfeststellungsverfahrens eine so deutliche Ablehnung gegen die Straßenplanung gezeigt?
Die in den letzten Monaten veröffentlichten Planungsunterlagen zeigten, dass die erhoffte Entlastung im gewünschten Umfang nicht eintreten und dass sich eine Vielzahl von negativen Folgen für Falkensee und die Region ergeben würden. Diese vielen nachteiligen Gesichtspunkte müssen nun bei der Abwägung mitbetrachtet werden.
Nach den Untersuchungen und Prognosen wäre die Nordumfahrung nicht geeignet, die Verkehrsprobleme Falkensees nachhaltig zu lösen. Oft wurde vermutet, dass sie die Innenstadt stark vom Verkehr entlasten könnte. Dies ist jedoch bei weitem nicht der Fall! Sie wissen alle, dass der Anteil des Durchgangsverkehrs in Falkensee vergleichsweise gering ist. Der Falkenseer Verkehr – gerade auf den hoch belasteten Straßen – ist weit überwiegend Eigenverkehr (Berufs-, Schul-, Freizeit- und Einkaufs- sowie Pendlerverkehr von und nach Berlin). Dieser ließe sich nicht sinnvoll auf die neue Straße verlagern. Selbst wenn es gelänge. Der Zubringerverkehr zur Trasse der Nordumfahrung würde ebenfalls durch die Stadt gehen und nicht zu einer Abnahme führen. Im Ergebnis verblieben der Verkehr und damit der Straßenlärm in der Stadt, wie auch die Analysen zum Lärmaktionsplan zeigten.
Was aber noch schwerer wiegt: In den Planfeststellungsunterlagen steht nachprüfbar, dass die Nordumfahrung zusätzlichen Verkehr erzeugen würde. Verkehrsteilnehmer, die heute andere Wege, z.B. die südlich gelegene B5 nutzen, würden auf der neuen Straße fahren. Falkensee zöge so neuen Verkehr an. Darunter wären viele Lkw, um die Maut auf dem Autobahnring zu umgehen. Dieser neue Verkehr würde Falkensee zusätzlich belasten und dazu führen, dass sich die Stausituationen Richtung Berlin verschärfen und letztlich doch wieder mehr Verkehr durch die innerstädtischen Straßen fließen würde.
Auch einer der renommiertesten Verkehrsexperten Deutschlands, Prof. Udo Becker von der Technischen Universität Dresden, hat in der Sendung “Klartext” des rbb-Fernsehens die Planungen deutlich kritisiert. “Durch eine solche Straße wird der Verkehr attraktiver. Im Endeffekt führt das dazu, dass mehr Verkehr entsteht und dass am Schluss in der alten Ortsdurchfahrt genauso viel Verkehr ist wie vorher. Zusätzlich wird aber das Naturgebiet belastet, verlärmt und verschmutzt.” In deutlichen Worten weist er darauf hin, dass diese Planungen kontraproduktiv sind und kaum Nutzen haben werden.
Auch das erwartete – inzwischen moderate – Bevölkerungswachstum in Falkensee ist kein Grund für die Nordumfahrung. Nach den Prognosen würde (ohne Neubau) der Durchgangsverkehr künftig abnehmen und, wenn überhaupt, nur der Eigenverkehr der Stadt zunehmen.
Dieser aber verbliebe sowieso innerhalb des Stadtgebietes. Gefordert sind eher mehr Radwege, besserer ÖPNV, Tempo 30 auf bestimmten Abschnitten u.v.m., um den Eigenverkehr der Stadt zu reduzieren.
Ein entscheidender Grund für die vielfache Ablehnung ist außerdem die tiefgreifende Landschafts- und Naturzerstörung, die durch die Trasse hervorgerufen wird.
Die Lärmschutzmauern in Falkenhöh, die bis zu 500 m langen Brückenbauwerke und der weithin sichtbare Fahrzeugstrom auf der höher gelegten Trasse würden das Landschaftsbild verschandeln, Lärm und Abgase in die freie Natur und bis nach Schönwalde tragen. Vielfältige Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten wären vernichtet – die lebenswerte Natur, die Falkensee attraktiv macht, wäre unwiederbringlich verloren.
Natürlich muss den Einwohnern geholfen werden, die an den Hauptverkehrsstraßen in Falkensee wohnen. Der Lärmaktionsplan gibt Hinweise, wie eine Verkehrs- und Lärmreduzierung machbar ist, auch ohne Nordumfahrung. Diese Maßnahmen hätten in vielen Fällen bereits eingeleitet werden können! Die im Lärmaktionsplan aufgeführten Maßnahmen sind zudem überwiegend effektiver als eine Verlagerung von relativ wenigen Fahrzeugen auf eine Umgehungsstraße. Hauptziel muss deshalb sein, Verkehr zu vermeiden und zu vermindern, nicht in bislang ruhige Gebiete zu verlagern. Und erst recht nicht, Verkehr zu vermehren, wie es beim Bau der Nordumfahrung der Fall wäre! Im Lärmaktionsplan steht auch (S43), dass es “vielerorts gemachte Erfahrungen [gibt], dass Ortsumgehungen auf Dauer keine wesentlichen Entlastungen vom Straßenverkehr bewirkt haben.”
Viele besorgte Bürger von Falkensee und Umgebung haben die Probleme erkannt und im Planfeststellungsverfahren Einwendungen gegen das Bauvorhaben vorgebracht. Mehrere Tausend Einwohner haben mit individuellen Schreiben oder auf Sammellisten ihre ablehnende Haltung kundgetan. Sie fragen sich, warum sie von ihren Volksvertretern nicht gehört werden. Viele Institutionen und Träger haben die geplante Trasse auf Grund ihrer geringen verkehrlichen Wirkung und der eklatanten Eingriffe in die Natur zurückgewiesen. Neben den Jägern und Förstern, den Naturschutz- und Umweltverbänden haben sich u.a. auch die Gemeindevertretung Schönwalde, die Senatsverwaltung von Berlin und die SPD in Berlin-Spandau gegen die Straße ausgesprochen.
Da es für Einzelne kaum zu schaffen ist, alle Gesichtspunkte durchzuarbeiten, hat die Bürgerinitiative Schönes Falkensee e.V. das Wissen vieler Experten, fachkundiger und interessierter Bürger und Bürgerinnen zusammengetragen. Wenn wir Sie mit aktuellen Informationen unterstützen können, tun wir das gern. Wir bieten auch an, Ihnen unsere Erkenntnisse vorzustellen und mit Ihnen zu diskutieren.
Eine Straße, die mehr Schaden als Nutzen bringt, sollten auch Sie nicht befürworten.
In der Anlage finden Sie einige Auszüge, die einzelne Aspekte der Verkehrsentwicklung vertiefen und Fachleute in Ausschnitten zu Wort kommen lassen. Wir hoffen, dies gibt in Kürze einen Einblick, mit welchen Folgen wir in Falkensee rechnen müssten, wenn die Nordumfahrung gegen alle Widerstände tatsächlich gebaut werden sollte.
Wir stehen für Rückfragen gern zur Verfügung
und wünschen Ihnen ein geruhsames Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr.
Mit freundlichen Grüßen,
der Vorstand der Bürgerinitiative Schönes Falkensee e.V.