Die Anhörung vor dem Ausschuss für Infrastruktur und Landwirtschaft des Brandenburger Landtags am gestrigen Donnerstag brachte für die Bürgerinitiative Schönes Falkensee (BISF) einen weiteren wichtigen Schritt auf dem Weg hin zu einem attraktiven, lebenswerten, naturbelassenen Norden Falkensees ohne „Nordumfahrung“. Während der zweieinhalbstündigen Anhörung von insgesamt 11 Institutionen zum umstrittenen neuen Landesstraßenbedarfsplangesetz der Landesregierung konnte die BISF durch eine klar aufgebaute Präsentation mit vielen Fakten deutlich machen, dass die geplante Ortsumfahrung sehr wenig Nutzen brächte (im Sinne einer Entlastung der heutigen Straßen), ein hohes ökologisches Risiko beinhaltet (durch die Beeinträchtigung von zwei europäisch geschützten FFH-Gebieten) und wegen der Finanzmittelknappheit kaum finanzierbar sein wird (mit der Umsetzung von vorgeschriebenen Maßgaben aus dem Raumordnungsverfahren lägen die Baukosten schon heute bei 60 Mio. EUR).
Unterstützung bekam die BISF in ihrer Argumentation durch den Parlamentarischen Beratungsdienst des Landtages, einem neutralen Gremium, das u.a. Rechtsgutachten erstellt. Die BISF hatte bereits im Vorfeld heftig kritisiert, dass die Nordumfahrung als sogenannte „indisponible“ Maßnahme aus dem alten Bedarfsplan von 1995 ohne Prüfung in den neuen Planentwurf übernommen werden soll. Dies, so die BISF, ist klar rechtswidrig, da das brandenburgische Gesetz eine Überprüfung aller Vorhaben nach den aktuellen verkehrlichen und umweltfachlichen Kriterien vorsieht. Dies ist bei der Ortsumfahrung Falkensee unterblieben. Nicht nachvollziehbar ist dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich die Rahmenbedingungen in den letzten 15 Jahren deutlich geändert haben – das Einwohnerwachstum in Falkensee ist bei weitem nicht so stark wie angenommen (Prognosen in 1995 gingen von 50.000 Einwohnern im Jahr 2010 aus), der ohnehin geringe Durchgangsverkehr auf den betroffenen Landesstraßen L20 und L201 ist in den letzten zehn Jahren nachweisbar kontinuierlich gesunken, was den Nutzen einer Ortsumfahrung weiter schmälert, und die betroffenen Naturgebiete wurden erst nach 1995 unter europäischen Schutz gestellt.
Der Parlamentarische Beratungsdienst führt nun in bemerkenswerter Klarheit aus, dass „grundsätzlich sämtliche für die Aufnahme in einen Bedarfsplan in Betracht kommenden Straßenbaumaßnahmen anhand einheitlicher Kriterien und Bewertungsmaßstäbe zu prüfen sind“. Und weiter: „Insbesondere sind die aktuell geltenden gesetzlichen Vorgaben und Ziele der Bedarfsplanung auf den gesamten Bedarfsplan anzuwenden und damit einheitlich für alle in Betracht kommenden Vorhaben maßgeblich.“ Die Tatsache, dass die Nordumfahrung und andere angeblich „indisponible“ Vorhaben nicht entsprechend überprüft worden sind, führt in der Konsequenz dazu, dass der aktuelle Gesetzesentwurf nicht rechtskonform und angreifbar ist.
Für die umstrittene Ortsumfahrung Falkensee bedeutet dies nun nach einer ersten Analyse der BISF Folgendes:
1.) Entweder das Vorhaben wird wegen der offensichtlichen Unsinnigkeit und Rechtswidrigkeit doch noch aus dem Bedarfsplanentwurf entfernt.
2.) Oder das Gesetzesverfahren wird jetzt nicht rechtskonform durch die rot-rote Landesregierung gegen alle Widerstände durchgezogen und die Ortsumfahrung bleibt enthalten; dann jedoch kann bei einer späteren Klage gegen einen möglichen Planfeststellungsbeschluss die Rechtswidrigkeit des zu Grunde liegenden Bedarfsplans des Landes geltend gemacht und der Beschluss per Gericht aufgehoben werden.
3.) Als dritte Option ist denkbar, dass die Ortsumfahrung rechtswidrig im Plan enthalten bleibt, in den nächsten 15 Jahren aber nicht weiter geplant wird – Das wäre für die Stadt fatal, weil viele städtebauliche Planungen dadurch blockiert würden. In allen drei Fällen würde es bis 2025 keine „Nordumfahrung“ Falkensees geben.
Die BISF fordert den Bürgermeister auf, diese Konsequenzen anzuerkennen und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Städtische Planungen müssen nun ohne das Warten auf eine Ortsumfahrung vollzogen und sinnvolle Anpassungen der bestehenden Verkehrswege vorgenommen werden.
Im Übrigen haben sich die prognostizierten Baukosten weiter erhöht. Nach Angaben des Ministeriums würde die Ortsumfahrung gemäß der Landesplanung – angepasst auf den Kostenstand 2010 – bereits über 20 Mio. EUR kosten. Dazu kämen noch einige Millionen Euro, die die Stadt Falkensee tragen müsste. Allerdings ist in den vorgelegten Planungen die als unabdingbar aufgestellte Maßgabe 1 aus dem Raumordnungsverfahren noch nicht umgesetzt (Anlage der Straße ca. 1 m unter Geländeniveau, dichte Wanne gegen Grundwasser, Aufwallungen, damit Pkw optisch nicht wahrgenommen werden). Die BISF geht davon aus, dass das Vorhaben ohne Umsetzung dieser Maßgabe nicht genehmigungsfähig ist. Mit Umsetzung dieser Maßgabe würden sich die Baukosten auf 50 bis 60 Mio. EUR erhöhen – so viel Geld steht für alle indisponiblen Maßnahmen des Landes in Summe bis 2025 zur Verfügung.