MAZ vom 18.08.09
Streit um Belastung Falkenseer Anliegerstraßen spitzt sich weiter zu / Anwohner wollen kooperieren
FALKENSEE – Gelegentlichen Sinn für Humor beim Argumentieren lässt sich Detlef Hardorp nicht nehmen. Wäre die Friedrich-Ludwig-Jahn-Straße in Falkensee, wo er wohnt, auf beiden Seiten mit Hochhäusern bebaut, dann könnte es sein, dass jede Stunde bis zu 400 Autos auf dieser Strecke unterwegs wären. Und vermutlich wäre es dann tatsächlich so, dass diese Blechlawine überwiegend aus Anliegern bestehen würde. Sagt Hardorp.
„Überwiegend aus Anliegern“ – das ist Hardorp zufolge die entscheidende Definition, wenn es um die Frage geht, wie hoch die Verkehrsbelastung in einer Straße nach ihrem Ausbau als Anliegerstraße sein darf. In der Falkenseer Stadtverwaltung werde dieser Umstand beharrlich ignoriert. Dort heiße es lediglich: 400 Autos pro Stunde, das sei der zulässige Spitzenwert in einer Anliegerstraße – ob nun Anlieger oder nicht. Detlef Hardorp und andere Anwohner können das schon lange nicht mehr hören. Anfang August haben sie deshalb erneut den Verkehr in ihrer Straße gezählt und sich viel Mühe gemacht, um ein aussagekräftiges Ergebnis zu erhalten.
Das haben sie nun: Würde der reine Durchgangs- im Unterschied zum Anliegerverkehr aus der Friedrich-Ludwig-Jahn-Straße verbannt werden, würde 62 Prozent weniger motorisierte Fahrzeuge vor den Grundstücken der Anwohner vorbei rollen.
Das ist die Grundlage, auf der man notfalls vor das Verwaltungsgericht ziehen will. In die Sache ist neue Bewegung gekommen. Das Ordnungs- und Verkehrsamt des Landkreises Havelland hat es kürzlich abgelehnt, dem Antrag der Anwohner auf „Durchführung verkehrsbeschränkender Maßnahmen in der Friedrich-Ludwig-Jahn-Straße stattzugeben“. Begründung: Oft sei der Durchgangsverkehr „wesentlich geringer, als von den Anwohnern vermutet“, eine Verlegung entlaste die Straße nur um 30 bis 40 Prozent. Detlef Hardorp versteht das nicht: „Wie der Landkreis dazu kommt, bleibt sein Geheimnis.“ Die Verkehrsbehörde stütze sich bei den Verkehrszahlen in ihrer Argumentation auf Mutmaßungen. Die Anwohner hätten die Ergebnisse genau ermittelt.
Rechtsanwalt Remo Klinger hat bereits in ihrem Namen reagiert und beim Landkreis Widerspruch gegen die Ablehnung eingelegt. Es sei nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts sicherzustellen, dass Anliegerstraßen überwiegend von Anliegern genutzt und nicht vor allem von Verkehr belastet werden, der nicht von Anliegern stammt. Diesem Widerspruch in der Friedrich-Ludwig-Jahn-Straße sei innerhalb von vier Wochen abzuhelfen, schreibt der Anwalt. Anderenfalls werde man klagen, sagt auch Detlef Hardorp: „Dann landen wir eben vor Gericht.“
Womöglich geht es dort dann noch um einen anderen Fall aus Falkensee. So ist jetzt ein Treffen mit Anwohnern der Veltener Straße geplant. Mit ihnen soll darüber beraten werden, wie man gemeinssam juristisch vorgehen könnte. Auch in der Veltener Straße hat der Verkehr nach dem Ausbau stark zugenommen, auch dort gibt es viel Protest. Anwohner Bernhard Meyer hat bereits vor zwei Jahren eine Klage angestrengt mit dem Ziel, den Verkehr zu reduzieren. Die Anwohner beider Straßen hoffen, die ähnlich gelagerten Fälle vor Gericht verbinden und die Verfahrensdauer verkürzen zu können.
Falkensees Bürgermeister Heiko Müller zeigt sich davon unbeeindruckt: „Klagen können zu mehr Klarheit führen.“ Die Stadt habe ihren Standpunkt und könne vor einer Gerichtsentscheidung Anwohnern nicht einfach zugestehen, was sie fordern. (Von Stefan Kuschel)
Klare Worte
Jetzt hat der Bürgermeister es klar zum Ausdruck gebracht, was die Bürger Falkensees seit Jahrzehnte wissen. Die Stadt könne seinen Anwohnern einfach nicht zugestehen, was sie fordern. Lieber klein beigeben und Kopf einziehen.
Das geht scheinbar nicht immer so weiter. Jetzt kämpfen immer mehr Bürger für ihre Rechte. Es blässt zunehmend ein kühler wind dem entgegen, der sich in Werbebroschüre gern Turbo Bürgermeister nennen lässt.
Joachim Kringle