Leserbrief in der MAZ vom 20.12.08 Zur Wahl des Landrates
Nun ist die Katze aus dem Sack: Landrat Schröder will nicht von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt werden, sondern lieber auf die sichere Mehrheit der neuen Zählgemeinschaft im Kreistag bauen. Damit kein Missverständnis aufkommt: Das ist rechtlich zulässig; das Landesrecht sieht das letztmalig als Ausnahme vor. Wohlgemerkt, man kann das so machen, muss es aber nicht. Wäre es nicht richtiger, sich den Menschen direkt zu stellen? Scheut man etwa die Wähler? Haben Sie Angst vor den Einwohnern, die Sie vertreten, Herr Schröder?
Es ist schon bezeichnend, wenn unser Landrat darauf verzichtet, sich einer Bürger-Wahl zu stellen. Es drängt sich der Eindruck auf, dass es ihm und seiner SPD zu heiß sein könnte, die Bürgerinnen und Bürger über die Qualität der eigenen Politik der letzten Jahre und über einen Verbleib im Amt abstimmen zu lassen.
Warum eigentlich? Hat man Sorge, dass die eigene Leistung vielleicht doch zu schlecht gewesen sein könnte? Was hat man zu verlieren, wenn man an die eigene Politik glaubt und annimmt, stets die Interessen der Menschen gut vertreten zu haben? Oder besteht schon jetzt die Sorge, kritische Einwohner könnten eine Wiederwahl verhindern? Glaubt man etwa, es könnten schon zu viele sein?
Eine stets verschlechterte Bahnanbindung, ungeschicktes Taktieren beim S-Bahn-Gutachten, erfolglose Gerichtsverfahren und Anzeigen gegen kritische Kommunalpolitiker, Unordnung in der Kreisverwaltung, eine sich auf Kosten der Gemeinden ständig erhöhende Kreisumlage – das sind nur einige Beispiele für die Politik der letzten Jahre. So betrachtet, versteht man beinah, warum der Wähler besser außen vorgehalten werden soll.
Verstehen kann man aber nicht, warum die CDU keinen Gegenkandidaten aufstellt. Es scheint fast so, dass der Posten des Vize-Landrates so attraktiv ist, dass die CDU mehr gar nicht will. Trauen Sie sich selbst nicht mehr zu, Herr Lewandowski, oder sind sie schon als Vize saturiert?
Mit Demokratie hat das jedenfalls nur noch wenig zu tun. Die Bürger werden außen vorgehalten und dürfen dann in acht Jahren endlich erstmalig ihr Recht in Anspruch nehmen, selber über einen Landrat zu bestimmen. Interessant, wie man, wenn man in Funktionen ist, Grundsätze vergessen kann. Das was wir jetzt erleben, ist eine politische Instinktlosigkeit. Es ist eine Missachtung der Wähler um der eigenen Karriere willen. Die SPD versteht sich anderswo gern als Anwalt der Bürger – im Havelland ist sie weit davon entfernt. Und die CDU macht mit, ruhig und bereits zufrieden mit einem Stellvertreterposten. Hatte nicht der eigene Generalsekretär die Direktwahl gefordert? Egal. Rumort es nicht sogar schon deswegen in der CDU? Auch egal. Und was treibt eigentlich die FDP und die Bauern dazu, dabei mitzumachen?
Erinnerungslücken, gebrochene Versprechen, Missachtung der Bürger. Ein hoher Preis für ein Amt. Wo bitte, bleibt der Anstand? Stellen Sie sich einer Direktwahl, Herr Landrat, bevor Ihre Glaubwürdigkeit endgültig dahin ist – und die politische Kultur im Havelland ebenfalls.
Klaus Werth, Brieselang