MAZ vom 27.9.08
Klar „Ja“ oder klar „Nein“ Kirche Von Pfarrer Wolfram Fromke, Ev. Kirchengemeinde Heilig Geist, Falkensee
Mal ehrlich: Haben Sie es schon mal erlebt, dass Sie jemanden, der ganz anderer Meinung war als Sie, mit Argumenten überzeugt haben und der zum Ende der Diskussion Ihnen beipflichtete und sagte: „Ja, Du hast recht, jetzt sehe ich das anders?“
Unser Alltag ist zu komplex geworden, oft fällt es uns schwer, nur „Ja“ oder „Nein“ zu sagen und klare Entscheidungen zu fällen. Es fehlt uns an Sicherheit. Da wünschen wir uns einen Zuspruch, wie Gott ihn an Josua sandte: „Lass dich durch nichts erschrecken und verliere nie den Mut; denn ich, der Herr, dein Gott, bin bei dir, wohin du auch gehst!“ Mose war gestorben und Josua als sein Nachfolger auserkoren, er sollte nun das Volk Israel ins gelobte Land bringen.
Klar, auch Josua wird nicht täglich vor solch schweren Aufgaben gestanden haben. Und auch uns werden nicht täglich schwerwiegende Entscheidungen abverlangt. Doch Gottes Zuspruch gilt auch in den kleinen Dingen des Alltags, so dass wir vielleicht etwas zuversichtlicher einfach mal „Ja“ sagen können. Ohne uns von Gegenargumenten niederdrücken zu lassen, aber auch ohne lautstark Argumente verkünden zu müssen. Manches wäre in unserem Leben vielleicht einfacher, wenn wir nur „Ja“ oder „Nein“ sagen dürften. Gäbe es zum Beispiel eine Volksabstimmung zur Nordumfahrung, könnten wir sicherer sein, dass das was die Menschen wirklich wollen, realisiert wird. Wir bräuchten keine Eingaben im Rathaus machen, und begründen, warum wir diese Nordumfahrung nicht wollen. Es bliebe nicht diese Unsicherheit, die das politische Leben heute prägt.
Aber davor scheuen sich vielleicht die „Regierenden“ in diesem Lande ja, klar „Ja“ oder „Nein“ zu sagen. Denn es geht vielleicht um Wählerstimmen, innerparteiliche Zwänge, Rücksichtnahmen, Tendenzen, Abwägungen, Förderungen, Abhängigkeiten und vieles mehr.
Ich möchte ehrlich sein und schlicht sagen: „Nein, ich will die Nordumfahrung nicht“. Warum reicht das nicht aus? Wenn ich Nein sage, heißt das noch lange nicht, dass ich alle Argumente der Gegner befürworte und die Argumente der Befürworter ablehne. Natürlich sind die Anwohner in der Falkenhagener und in der Schönwalder Straße sehr belastet durch den vielen Verkehr. Mein „Nein“ ist auch nicht die Aussage, dass es wichtiger ist, die Natur im Umland zu schützen, als die Menschen in den besagten Straßenzügen. Es ist einfach meine Entscheidung, verbunden mit der Hoffnung, dass für alle Betroffenen die beste Lösung gefunden wird.
Ich möchte Ihnen allen Mut machen, fordern Sie klare Antworten und klare Reaktionen und entscheiden Sie sich selbst, klar „Ja“ oder „Nein“ zu sagen. Ihr Gegenüber muss ja nicht gleicher Meinung sein. Also seien Sie zuversichtlich: die Zusage Gottes wirkt auch im Falkenseer Umland, ob umfahren oder nicht.
Ein Volksentscheid ist eine Angelegenheit mit zwei Seiten. Einerseits ja, weil es eine urdemokratische Sache ist. Andererseits folgt ein Aber. Als Bürger kann ich mich nur wirklich frei entscheiden, wenn ich alle Seiten der zu entscheidenden Angelegenheit kenne. Oftmals wird aber eine Bauchentscheidung gefällt, weil viele Bürger sich nicht um ausreichende Aufklärung bemühen. Ein „Hätte ich das vorher gewusst!“ hilft dann keinem mehr.
Gerade bei der Nordumfahrung habe ich viele Befürworter gesprochen, die meine Gegenargumente überhaupt nicht hören wollten. „Will ich überhaupt nicht wissen, nicht hören, was Du zu erzählen hast. Für mich steht fest: Die Straße muss gebaut werden.“ Ist unter diesen Voraussetzungen das dann ein akzeptabler Volksentscheid?