So voll war es schon lange nicht mehr in der Trattoria Lucania am Falkenseer Falkenmarkt zum Neujahrsempfang der Bürgerinitiative Schönes Falkensee (BISF). Neue Aufreger-Themen wie die geplante Fällung der Bäume an der Spandauer Straße und die Kooperation im Bürgerbündnis „100 Linden“ sorgten dafür, dass der Raum aus allen Nähten platzte und für die 80 Gäste eilig zusätzliche Stühle herbeigeschafft werden mussten.
Unverständnis war das Hauptthema, das sich durch die Rede vom BI-Vorsitzenden Günter Chodzinski zog. Etwa das Unverständnis darüber, dass nach dem Neubau des Kreisverkehrs am Spandauer Platz offenbar keine Besserung hinsichtlich des täglichen Staus im Berufsverkehr eingetreten ist. „Die Alleebäume gingen verloren. Die Autos schieben sich derweil weiter schwerfällig durch den Kreisverkehr. Was hat er gebracht? Verkehr wie vorher, neue Gefahrenstellen, die Lage für Anwohner und Läden verschlechtert – die Leute fragen sich, was soll das? Ausbau der Straße, Bäume weg, Stau bleibt – dann bitte doch gleich den Ausbau stoppen und Bäume stehen lassen.“
Für den weiteren Neubau der Spandauer Straße bis zur Berliner Stadtgrenze setzt das Bürgerbündnis laut Chodzinski weiter „auf einen alternativen baumerhaltenden und wurzelschonenden Straßenaufbau“. Alternativen seien möglich und werden vom Bürgerbündnis weiter geprüft. Im Übrigen hätten die Linden „alle Stürme, auch den Hurrikan Xavier gut überstanden“. Auch unter den Gästen herrschte die Meinung, dass die stadtbildprägende Allee nicht einfach einem idealtypischen Straßenausbau durch den zuständigen Landesbetrieb geopfert werden dürfe. Immerhin hat der Landesbetrieb gegenüber der BISF zwischenzeitlich zugesichert, dass nach neuester Planung 13 Bäume stehen bleiben könnten, „ein kleiner Erfolg“. Aber das reicht dem Bürgerbündnis im „Kampf gegen den Kahlschlag“ nicht.
Das Unverständnis paarte sich mit den Aussagen des Falkenseer Bürgermeisters Heiko Müller zu Weihnachten in der Brawo, der beim Verkehr einen „enormen Handlungsdruck“ ausmachte und neben einer Öffnung des Havelländer Weges gleich auch wieder die Nordumfahrung aus der Versenkung holte, die selbst beim Land nicht mehr favorisiert wird und die nach ökologischen und naturschutzrechtlichen Bestimmungen sowieso nicht mehr gebaut werden darf. Marc-Oliver Wille, Verkehrsexperte der BISF, zeigte sich verwundert: „Seit über zwei Jahren erstellt die Stadt zusammen mit einem Planungsbüro einen neuen Verkehrsentwicklungsplan. Dort ist von Vor- und Nachteilen eines Ausbaus des Havelländer Wegs nichts zu lesen, obwohl das der einzig nennenswerte Straßenneubau in Falkensee sein könnte. Warum wurde das Thema nicht dort behandelt?“
Unverständnis machte die Runde zum vieldiskutierten Anschluss des Brunsbütteler Damms an die L 20, von der BISF vielfach gefordert als Entlastung für Falkensee, auszubauen mit geringem Aufwand. Chodzinski: „Nun ergab ein runder Tisch von Land, Kreis, Falkensee und Dallgow: Die Solarmodule sollen verlegt werden, eine Umnutzung als Gewerbegebiet und eine Verbindung zur südlich gelegenen Bundesstraße B5 werden angestrebt. Das ist für Falkensee unattraktiv und auf eine Realisierung kann mindestens 10 Jahre gewartet werden. Der Bürgermeister, im Interesse Falkensees mit am Tisch, stimmte dieser Lösung zu – so hoch kann der Handlungsdruck im Verkehr also nicht sein.“
Das Unverständnis steigerte sich, als Chodzinski berichtete, dass sich mittlerweile in der Stadt „die für Geh- und Radwegebau reservierten Mittel auf 1,234 Mio. € summieren und nicht eingesetzt wurden“. Im Jahr 2016 wurde auch auf Anraten der BISF eine Prioritätenliste im Geh- und Radwegebau beschlossen. „Doch was stellen wir Ende des Jahres 2017 fest? Nichts ist passiert. So viel zum enormen Handlungsdruck“.
Unverständnis klang auch aus den Worten von Ursula Nonnemacher (Grüne), die zu Gast beim Neujahrsempfang war. Sie monierte, dass für die beschlossene künstlerische Gestaltung des Kreisverkehrs am Spandauer Platz nach Durchführung eines Wettbewerbs gerade noch 5.000 € für die Umsetzung, also für das Kunstwerk übrig bleiben. Das sei unfassbar wenig. Andere Besucher kritisierten, dass das Grün in der Stadt zu wenig Beachtung finde, dass am Rande der Landesstraßen innerhalb der Stadt zu viel Müll liege und dass im Stadtzentrum zu viele Gebäude errichtet werden, die ästhetisch bedenklich sein. „Schön sieht das nicht aus“, so ein besorgter Kommentar.
Im neuen Jahr wird sich die BISF unter anderem um die anstehende Managementplanung für das FFH-Gebiet der Falkenseer Kuhlake kümmern, um dieses geschützte Waldgebiet weiter zu erhalten. In einer Arbeitsgruppe mit Experten sind zunächst naturschutzfachliche Ziele zu klären und Bearbeitungsschritte festzulegen. Auch den Verkehrsentwicklungsplan wird die BI weiter kritisch begleiten. Das immer noch fehlende Radwege- und Parkraumkonzept soll offenbar im Anschluss angegangen werden. „So lange bleibt der VEP ein Muster ohne Wert“, fasst Wille das Unverständnis in dieser Hinsicht zusammen.