Schonend pendeln

Kommunale Mitfahrzentralen sind in Zeiten des Klimawandels angesagt – und günstig

Berliner Zeitung vom 23.08.2007

Jens Höhner

BONN. Mitfahrzentrale – das klingt immer noch nach Plastikstühlen und einem kargen Schreibtisch in einem staubigen Ladenlokal, in dem Touren vermittelt werden, die meist in Universitätsstädten enden. So war das früher. Heute ist alles anders: Die Vermittlung von Mitfahrgelegenheiten ist angesagt wie nie zuvor, nicht zuletzt ist die aktuelle Diskussion um den Klimawandel eine Ursache dafür. Zudem lassen Ereignisse wie jüngst der drohende Lokführerstreik die Vermittlungszahlen in die Höhe schnellen. Längst funktioniert die Vermittlung solcher Reisemöglichkeiten über das Internet. „Gerade in den Tagen vor dem angekündigten Streik im Bahnverkehr war auf unseren Internetseiten die Hölle los“, berichtet Martin Buske, Geschäftsführer und Mitgründer von mitfahrzentrale.de mit Sitz in Bonn. „Denn heute bilden sich immer öfter Fahrgemeinschaften für kurze Strecken, etwa für den Weg zum Arbeitsplatz.“

Vor einigen Jahren war dies Grund genug für den Geschäftsmann Buske und seine Mitstreiter, das Projekt „Pendlernetz NRW“ zu starten – angeschoben von der Landesregierung Nordrhein-Westfalens und in Schwung gebracht von den Kommunalverwaltungen und Partnern wie etwa dem ADAC oder der Verbraucherzentrale NRW, die über die rechtliche Situation von Fahrgemeinschaften aufklären oder Steuertipps geben. Seit Anfang August arbeitet das Pendlernetzwerk auch bundesweit. Vor der Einrichtung der Pendler-Börse in NRW haben die Macher mehr als eine Million Datensätze aus dem Speicher der bestehenden Mitfahrzentrale ausgewertet. Ergebnis: Die Nachfrage nach weiten Strecken ist deutlich gesunken. „Um dieser Veränderung gerecht zu werden, haben wir eben das Pendlernetz initiiert“, schildert Buske.

Dieses Netzwerk arbeitet indes nicht wie eine kostenpflichtige Kontaktbörse, sondern wird über die Internetseiten von Kreisen und kreisfreien Städten in Nordrhein-Westfalen betrieben – als Gratisservice für den Bürger, „um den Menschen die Scheu vor dem Mitfahren zu nehmen“, wie Buske sagt. Als erste Stadt ist damals Düsseldorf ins Netz gegangen, vor einigen Wochen hat als bislang letzte Stadt des Landes Köln den Anschluss gefunden. Und wenn in Kürze der Rhein-Sieg-Kreis, immerhin der zweitgrößte Nordrhein-Westfalens, folgt, klaffen kaum noch Lücken im regionalen Netzwerk. Jenseits der Landesgrenzen soll die Vermittlung indes nur noch in Berlin und Brandenburg über die Kommunalverwaltungen laufen. „Daher suchen wir noch Sponsoren oder Unternehmen, die sich mit unserer Idee identifizieren und uns bei der Umsetzung unterstützen wollen“, sagt Buske.

Zurzeit zählen die Anbieter laut Buske in NRW pro Monat fast 70 000 Besucher auf den entsprechenden Internetseiten, zum Start im Herbst 2002 waren es gerade mal 12 000. Buske: „Bundesweit nutzen bereits 85 000 Pendler das neue Netzwerk, Tendenz steigend.“ Die Bedienung des Netzwerkes ist leicht und erfolgt nach Angaben des Einrichters über sichere Datenformulare. In Nordrhein-Westfalen liegen diese auf den Servern der Kommunalverwaltungen. „Das Bundesland NRW ist in 53 Gebietskörperschaften aufgeteilt“, erklärt Martin Buske mit Blick auf Kreise und kreisfreie Städte. Von denen haben sich bislang 35 dem Netzwerk angeschlossen – bis Ende des Jahres sollen es 40 sein. Als vorbildlich bei der Umsetzung gelten die Landeshauptstadt Düsseldorf und Aachen.

Nicht nur die Verwaltungen setzen aufs Pendlernetz, auch der FC Schalke 04. „Der Verein vermittelt Fahrgemeinschaften zur Arena Auf Schalke“, berichtet der Mann von der Mitfahrzentrale, der gern den Preisvergleich mit der Deutschen Bahn ins Spiel bringt: „Für eine Fahrt von Köln nach Berlin haben wir durchschnittliche Fahrpreise zwischen 92 und 98 Euro errechnet. In einer Fahrgemeinschaft kostet die Reise 22 Euro – bei nur zwei Mitfahrern.“ Und eine solche Rechnung ließe sich erst recht für jede regionale Tour aufmachen.

Gratisservice für die BürgerDas Pendlernetz NRW bietet in Nordrhein-Westfalen Mitfahrgelegenheiten für kurze Strecken. Es arbeitet nicht wie eine kostenpflichtige Kontaktbörse, sondern wird über die Internetseiten von Kreisen und kreisfreien Städten in Nordrhein-Westfalen betrieben – als Gratisservice für den Bürger. Seit Anfang August agiert das Pendlernetz bundesweit.In Deutschland gelten mehr als 15 Millionen Menschen als Berufs-Pendler.Für längere Fahrten eignen sich zur Suche im Internet Anbieter wie mitfahrzentrale.de oder mitfahrgelegenheit.de.

Weitere Infos für Pendler unter www.pendlernetz.de