Nordumfahrung: Stopp des Verfahrens gefordert

Brawo am 27. August 2016

Falkensee (MOZ) – Alles auf Anfang: Der Bau der Nordumfahrung in Falkensee wird immer unwahrscheinlicher. Das zumindest meint die Bürgerinitiative „Schönes Falkensee“ (BISF), deren Vertreter sich nicht erst seit Beginn des Planfeststellungsverfahrens im Jahr 2008 etwa im Hinblick auf umweltrelevante Aspekte kritisch zum Vorhaben geäußert hatten. Eine aktuelle Bewertung des Ist-Standes zum laufenden Verfahren lässt diese Bewertung wohl zu.

Nachdem nun die Antwort auf Ursula Nonnemachers (Bündnisgrüne) Anfrage von Infrastrukturministerin Kathrin Schneider (SPD) auf dem Tisch liegt, wird die endgültige Forderung nach einem Stopp beziehungsweise Aussetzung des Verfahrens noch lauter, zumal auch die Kosten explodieren. Aktuell bezifferte das Ministerium die Bau- und Planungsfinanzierung für die Nordumfahrung, nachdem bereits 1,3 Millionen Euro geflossen sind, mit 24 Millionen Euro. 2008 lagen die Kosten noch bei 18 Millionen Euro. Schon damals hatte die BISF 30 Millionen Euro prognostiziert. Der Vorsitzende der BISF, Günter Chodzinski, sieht „eine Steuergeldverschwendung in großem Ausmaß“. „Es muss endlich einleuchten, dass mehr als 23 Jahre nach den ersten Planungen diese Straße einfach nicht umsetzbar ist. Die Gelder für weitere Planungen wären an anderer Stelle weitaus sinnvoller eingesetzt, etwa bei der vom Ministerium immer wieder abgelehnten Verlängerung des Brunsbütteler Damms ins Havelland.“

Auch aus Sicht von Nonnemacher, die nach diversen Anfragen in der Vergangenheit von einer jetzt erstmals ehrlichen und beachtlichen Antwort des Ministeriums sprach, sollte „jetzt die Notbremse gezogen und das Projekt beerdigt werden“. Ministeriumssprecher Steffen Streu geht allerdings weiter von einer Fortsetzung des laufenden Verfahrens aus.

Aber: Weil sich die aktuelle Rechtssprechung und Gesetzeslage verändert hat, sind indes laut Angaben von Ministerin Schneider „ergänzende Untersuchungen und Gutachten“, etwa eine Umweltverträglichkeitsprüfung vonnöten, sodass eine „erneute Beteiligung“ der Öffentlichkeit erforderlich sei. Deshalb könnten „zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Aussagen zu einem möglichen Termin zur Erörterung oder zu einem möglichen Planfeststellungsbeschluss getroffen werden“. Auch eine abschließende Auswertung könne nicht erfolgen, nichteinmal Aussagen zu Ergebnissen und Konsequenzen für das Verfahren könnten gemacht werden. Dazu sagte Streu: „Das Planfeststellungsverfahren wird aber nicht neu aufgerollt, sondern fortgesetzt.“ Marc-Oliver Wille, Sprecher der BISF, bewertete die Aussagen der Ministerin indes so: „Es wird deutlich, dass das Planfeststellungsverfahren keine Chance auf einen Abschluss hat. Die Planungsunterlagen sind mittlerweile überholt. Das Verfahren steht damit nach vielen Jahren wieder am Anfang. Es muss gestoppt werden.“ In der aktuellen Antwort auf die Kleine Anfrage zum Stand des Planfeststellungsverfahrens führt die Ministerin aus, dass „auf Grund der hohen Anzahl (7.500) und des Umfanges der Einwendungen die Erwiderungen beziehungsweise Stellungnahmen sehr zeitaufwändig“ sind. Zudem sind noch längst nicht alle bearbeitet worden. „Offenbar sind die Bedenken von Bürgerinnen und Bürgern, Vereinen, Naturschutzverbänden und öffentlichen Stellen gegen die geplante Straße sehr stichhaltig“, so Wille weiter.

Für Nonnemacher wiederum sei es ohnehin unklar, ob das Projekt nach den neuerlichen Untersuchungen überhaupt eine Chance auf Realisierung habe. „Die Nordumfahrung ist tot“, sagte sie. „Das kommt deutlich in dem Antwortschreiben zum Ausdruck. Es wird schließlich nicht mehr von einer unabdingbaren Notwendigkeit des Baus der Nordumfahrung gesprochen – wenngleich dieser immer noch im Landesstraßenbedarfsplan, der bis zum Jahr 2024 gilt, enthalten ist. Sollte daran festgehalten werden, ziehen sicher weitere zehn Jahre ins Land, die für Falkensee lähmende Auswirkungen im Hinblick auf den Verkehrsentwicklungsplan hätten.“

Die BISF fordert in der Konsequenz, dass dieser nun ohne Nordumfahrung erstellt werden sollte. Bislang sollten schließlich zwei Varianten geprüft werden, mit und ohne Umfahrungsstraße. „Ein Verkehrsentwicklungsplan mit zwei Optionen ergibt keinen Sinn und liefert keine geeignete Basis für die dringend anstehenden Verkehrsmaßnahmen in Falkensee. Spätestens mit den neuen Feststellungen der Landesregierung ist die Variante mit Nordumfahrung hinfällig, weil völlig unrealistisch“, betonte Wille. Er meinte, dass eine Umsetzung der Ortsumfahrung Falkensee bis zum Jahr 2025 ausgeschlossen sei. Einerseits wegen der dafür erforderlichen Zeiträume, andererseits weil die Nordumfahrung in den grundlegenden und bis Ende 2024 gültigen Landesstraßenbedarfsplan rechtswidrig aufgenommen worden war. „Spätestens eine Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss würde dazu führen, dass das Verfahren in den nächsten acht Jahren nicht abzuschließen ist.“