Letztes Geleit für 120-Jährige Eiche

 

Trotz Protesten wurde gestern ein großer Baum für preiswerte Seniorenwohnungen gefällt

Werner Schmidt in der MAZ vom 25.03.2009

Gestern fiel die 120 Jahre alte und kerngesunde Eiche vor dem alten Falkenseer Gesundheitszentrum.

FALKENSEE Kaum war der morgendliche Schneeschauer vorüber, lag sie auch schon am Boden: die 120-jährige Eiche auf dem Grundstück des alten Gesundheitszentrums und der künftigen Seniorenwohnanlage an der Fehrbelliner Straße. Mit Motorsägen wurde sie zerlegt, entbeint, filetiert, entastet.
Am Boden zerstört auch ihre ausladende Krone, die sich einst über mehr als 20 Meter in luftiger Höhe spannte. Beobachtet von einigen kapitulierenden Baumschützern, fiel die Eiche eines Bauvorhabens wegen, um das im Vorfeld wenig gestritten worden war. Um den Baum war hingegen viel diskutiert worden. Doch da war schon alles zu spät.
„Die Fällung war nur wegen der Bauplanung nötig“, sagte ein Baumfäller. Seinen Namen und die Firma, für die er arbeitet, will er nicht nennen. Aber er ist sich sicher: „Mit ein wenig alternativer Planung des Neubaus hätte man den Baum erhalten können.“ Dann machte er sich mit der Motorsäge wieder daran, die Äste auszulösen.
Das Kreischen der Säge lockte Schüler und Eltern der benachbarten Erich-Kästner-Schule an den Zaun. Dort begann, es war gerade 7.30 Uhr, der Unterricht. „Schade drum“, bedauerte eine Frau mit Blick auf die Schnittkante der Eiche. 2,25 Meter misst der Stamm im Umfang, der durch und durch gesund ist. Trotz seines Alters, das auf mindestens 120 Jahre geschätzt wird. „Ich bedaure es auch“, sagte der Holzfäller. „Aber was soll ich machen? Wir sind die letzten in der Reihe der Entscheidungen. Aber auf uns hacken sie dann herum.“
Dann gingen die drei Arbeiter einige Meter weiter auf den Parkplatz und – ratzfatz – lag auch die dort stehende Robinie am Boden. Um sie wurde nicht gestritten. Ihre Zweige waren mit Misteln übersät. Der Parasit hätte ihr früher oder später ohnehin den Lebenssaft ausgesaugt. Auf der Straße wartete inzwischen der Fahrer des Lastwagens, mit dem das Holz abtransportiert wurde.
Der Bauplanung und damit der Fällung der Eiche hatte die Falkenseer Stadtverordnetenversammlung zugestimmt, ohne dass sich alle Lokalpolitiker zuvor genau erkundigt hatten, um welchen Baum es sich handelt. Während einer Diskussion Anfang März hatten zumindest die Grünen kleinlaut zugegeben: „Da haben wir geschlafen.“
Der letzte Versuch, im Gespräch mit Michael Rabe, dem Geschäftsführer der Wohn- und Pflegezentrum Havelland GmbH, die hier als Bauherr agiert, das Ruder doch noch herumzureißen, schlug auch fehl. Schon damals hatte Gerd Gunkel von den Grünen konstatiert: „Aus meiner Sicht ist der Baum nicht mehr zu retten.“ Er behielt Recht.